Freitag, 7. Juni 2013

Giro d `Vino "Toskana, Chianti und die erste Wiedersehensfreude"


Route: Lago de Bolsena, Bagni S. Filippo- Montalcino- Siena- Chianti Gegend- Florenz- Verona- Gardasee- Arco-  Bozen- Sterzing- Innsbruck


Tagebucheintrag "ein wunderbares Natur-Thermen-Erlebnis" (Siena, 14.05.2013)


"...schon bald sehen wir ein Schild "Toskana"!..gespürt haben wir es aber schon vorher, die Landschaft wird hügeliger, sanfte weiche Berge, sehr grün ist es und die Weinreben spriessen schon ab und an hervor...wunderschön, doch auch anstrengend, fast nie flach, meistens ein auf und ab. Kann die Toskana nicht auch flach sein? wohl eher nicht, genau diese Hügel machen die Toskana ja zu dem was sie ist.. und oben angekommen(meistens sind die Dörfer auch oben) haben wir einen wahnsinns Blick über die Toskana! also die Mühe lohnt..

Ab und an ziehen immer wieder dicke Wolken herbei. Respekt vor Gewitter haben wir ja nun , so radeln wir sehr zügig voran, und schaffen es bis abends zu dem kleinen netten Dorf: Bagni S. Filippo. Auf unserer sehr ungenauen Karte sehen wir hier ein Mini Thermenzeichen und nichts mehr würden wir uns wünschen als unseren Popo und Körper mal ein warmes Bad zu gönnen. Also nichts wie hin...es geht nochmal steil bergauf , oben im Dorf angekommen, sehen wir erstmal nichts von Therme , doch sehr viele Autos, Camper und Wanderer, also irgendwas muss ja hier los sein. Müde und verschwitzt gehen wir auf die Suche, mit sammt den schwer beladenen Rädern radeln wir einer Gruppe Menschen (alle mit Badehosen) hinter her, einen Minipfad steil den Berg hinunter. Und siehe da wir kommen zu einem Fluss, das Wasser ist schon angenehm warm und rechts in einer Gumpe strahlt uns ein "verschlammter Engländer" an, er winkt und ruft uns zu "how good this is!!!" seine Freundin, die mit verschlammten Gesicht neben ihm in der „Dreckspfütze“ gekrümmt sitzt, ist über soviel Aufmerksamkeit wohl nicht so amused und dreht sich weg von uns....die Fangoabteilung lassen wir links liegen, wir suchen noch Wärmeres!! Es geht weiter hinab, bis wir zum Hauptthermen Spaß kommen, mitten im Wald ragen riesen weiße Felsen hervor, es riecht nach Schwefel und das dampfende heiße Wasser welches oben aus dem Felsen kommt sieht wirklich zum reinspringen aus! Unten an einem haushohen Felsen, der an einen weißen Wal erinnert, bilden sich überall kleine Gumpen, Italienische Familien baden, geniessen, liegen überall verstreut herum, teils sogar ganz oben am Felsen! ein Naturschauspiel vom Feinsten.

Wir entschließen zu bleiben, der Wald ist ja groß genug für unser Zelt und schon sind wir im heißen Thermen-Schwefel-Magnesium Wasser und genießen!! Bis zu 40 Grad heißes Wasser, ahhhh wie gut und der Popo hat es ja auch so verdient. Wir zelten genau neben an, in den Essenstaschen finden wir noch ein paar Linsen und Tomatensoße und nach der Therme sind wir so bedämmert, dass wir schon bald im Zelt liegen und uns schon freuen, morgen früh wieder rein zuspringen, und zwar als die Ersten!..."


Tagebucheintrag "Brunello Wein, Gewitter Panik und ab nach Siena!!.." (Siena, 16.05.2013)

"...Wie verwandelt radeln wir am darauf folgenden Tag von der Therme los; samtweiche Haut, der Schmerz in Popo und Beinen wie verflogen, radeln wir weiter; das Ziel heute: Siena! - vorausgesetzt wir finden nicht doch noch nen anderen schönen Platz. Es geht rauf und runter, hindurch traumhafter Täler und Hügel; wie aus dem Bilderbuch tauchen alte toskanische Häuser an entfernten Hügeln, mit ihren imposanten von Bäumen gesäumten Hauseinfahrten auf. Und so wie das Land und die Leute erscheinen, schmeckt auch das Essen. „Das Geheimnis der italienischen Küche sind nicht die Rezepte sondern die Zutaten“, die hier überall angebaut werden und die einem während dem Radfahren schon wieder Lust auf die nächsten Schmankerln machen.
Unsere Mittagspause musste an diesem Tag auch noch hart erkämpft werden. Gert wollte unbedingt nen Brunello Wein verkosten (der ja sooo berühmt sein soll... ), der nur auf den Hängen vor Montalcino angebaut wird – und dieses Montalcino thront, ja wie soll es anders sein, wunderbar im Val D`Orcia gelegen auf einem der höchsten Hügel weit und breit. Mindestens 2 Liter Schweiß musste also vorher aus dem Körper raus, bevor wir ihn mit 2dl Brunello-Wein aus dem Jahr 2007 für jeweils 7 € wieder befüllten konnten.... ob sich dieser Umweg für unsere nicht wirklich trainierten (Wein)Gaumen rentiert hat, lassen wir jetzt mal außen vor, die Aussicht war jedenfalls spitze; der Wein hatte für uns jedenfalls das Prädikat: „gschmeckt hat er super!“

Nach der viel zu steilen Abfahrt die wir gar nicht genießen konnten, weil die Bremsen fast durchbrannten und wir uns auch mal kurz verfahren haben und wieder raufschieben mussten, ging es mit Rückenwind Richtung Siena! Landschaft sauste gerade an uns vorbei, der Rückenwind wurde auch immer stärker: der Grund war ne meeega Gewitterzelle die sich so langsam vor uns auftürmte. Als wir diese sahen erlahmten unsere Beine aus irgendeinen Grund immer mehr... und dann auf einmal zuckte (schon noch mit großer Entfernung) ein gewaltiger Blitz vor uns am Horizont quer durch den Himmel, gleich gefolgt von einem zweiten der in die Erde schlug und uns die Nackenhaare aufstellte! Nach unserem Abruzzen-Abenteuer war das einfach zu viel für uns, für Sara noch ein wenig mehr... in einer Kampfhaltung geduckt fing sie das Rad in einer Art zu beschleunigen an, welche man normalerweise nur von Radprofis vor dem Zielsprint kennt. Ihr Ziel: ein ausgemachtes Hotel ein paar hundert Meter zu unserer Rechten. Beruhigungsversuche meinerseits, dass das Gewitter noch ein wenig braucht bis es bei uns ist, schlugen fehl, schon war sie abgebogen, ihre Haare flatterten nur so durch den Fahrtwind und sie erreichte mit 5 min Vorsprung das Ziel, das Hotel. Die Gewittergefahr war zu dem Zeitpunkt aber noch nicht akut, so staunte nur der Hotelier was wir hier so jetzt machen wollen; Er schaute hinauf zum blauen Himmel wo nur harmlose Schäfchen-Wolken zu sehen war, das Gewitter noch hinter dem Gebäude, bestellten wir aber gleich nen Grappa. Solche Gäste hatte er noch nie: mit angstschweiß durchtränkte und verstaubte Radler die kein Zimmer sondern nur nen Grappa wollen und irgendwas von nem riesen Blitz und Gewitter stammeln!

...nach ner halben Stunde war der Spuk vorbei, das Gewitter zog weiter, wir konnten wieder weiterfahren! Und am doch späteren Abend erreichten wir erschöpft aber sicher Siena. Eine wunderschöne Stadt sogar mit nahem Campingplatz zum günstigen Übernachten. Il Campo der Platz ist ne Wucht, der Hauptdom phantastisch! Auch lernten wir Thomas aus dem Rheinland am zweiten Tag kennen mit dem wir tolle Gespräche mit einem Becher Chianti und ein wunderbares Frühstück genießen durften! Er nahm sich 4 Wochen Zeit um mit dem Rad von der Schweiz nach Rom zu radeln,nach dem Motto "einfach mal weg...", bei dieser Tour alleine; seine Familie feuerte ihn von zu Hause aus an um ihn dann in Rom zu treffen. Zeit haben und das einfache Radler-Leben welches nicht vom alltäglichen Stress geprägt ist, waren für ihn ganz eindrückliche Erlebnisse, die er uns mit Erlebnissen aus seiner bisherigen Tour und seinem Alltag schilderte. Dadurch wurde uns auch wieder einmal mehr bewusst was wir hier schon ein Jahr lang machen; haben wir uns an dieses Leben ja schon fast gewöhnt und sehen es als normal an. Wir werden sehen wie wir -wenn wir wieder zurück sind- unseren Alltag wahrnehmen und meistern. Uns den Kopf über Dinge zerbrechen und Stress aufladen die eigentlich gar nicht wichtig sind, oder wir die mexikanische „gechilltheit“ mitgenommenen haben und leben können?..."


Tagebucheintrag "erstes Wiedersehen am Gardasee" (Gardasee, 20.05.2013)

"...auf dem Weg zum Gardasee überlegen wir uns kurzerhand keine Nacht mehr in Verona einzulegen, wir haben mittlerweile genug von Städten und die Vorfreude auf Gerts Eltern ist mittlerweile groß genug..so radeln wir gleich weiter und wollen Sie einen Tag früher überraschen...nicht ganz so einfach...im Ferienhaus im schönen kleinen Ort Castion herrscht noch gähnende Leere, die Türen und Fenster sind noch verriegelt, kein Mensch weit und breit...na wo sind Sie denn? 
wir legen unser pitsch nasses Zelt schon mal aus (falls wir doch noch zelten müssen) und positionieren uns am Dorfplatz, für die Aufregung gibt es ein Glas Aperol Spritzz in die Hand und nun heißt es warten..Egal von welcher Richtung Sie kommen, eigentlich MUSS man über diesen Platz. Die anderen Aperitivo Geniesser erkunden sich mittlerweile wo wir mit diesen bunt verzierten, schwer beladenen Räder herkommen und was wir gerade hier machen? Dass wir aber von Centralamerika kommen und so viele Kilometer hinter uns haben,. ja dass hatten die Herrschaften auch nicht erwartet, mit solchen Geschichten schmeckt das Bier oder der Wein gleich doppelt so gut...
wir aber doch langsam nervös, mittelweile schon 20 Uhr und keine Delle Karths weit und breit..ein Handy von uns geht schon lange nicht mehr und das andere hatte das letzte mal vor ein paar Wochen Strom. Und nun könnten wir so ein modernes Gerät namens Telefon doch gebrauchen!
In Italien gibt es  aber sogar noch Telefonzellen!! welch ein Glück, so klingeln wir mal an und erfahren dass ein endloser Stau (Pfingstwochenende!!!) war und sie nun in aller Ruhe einkaufen...
Etwas verdutzt sind sie aber, warum wir denn überhaupt anrufen und so seltsame Fragen stellen, wie: "ja wann kommt ihr denn ungefähr an? und was macht ihr heut noch so schönes...?" Immerhin wissen wir nun , dass sie essen gehen wollen und so können wir uns nun neu positionieren!
Und so klappt die Überraschung auch tatsächlich , ja und die Freude ist riesig...4 tolle Tage, trotz bescheidenen Wetter , geniessen wir zusammen...wir sagen nur: eine Flasche Grappe, viel reden und lachen, unsere ersten Golfversuche, Kartenspiele, langeeee Frühstücke, wandern und viel viel entspannen...."

  
Tagebucheintrag " Alpenüberquerung und ein herzliches Wiedersehen..."(Innsbruck, 24.05.2013)

"...nach dem netten Wiedersehen mit Gerts Eltern am Gardasee ist es doch ziemlich hart nochmal in die Pedale zu treten. Der Körper dachte wohl wir haben es geschafft, wir sind agekommen..aber nein wir haben ja noch was vor uns und zwar: die Alpenüberquerung. Aufgrund der wirklich schlechten Wettervorhersagen (in der Schweiz, Österreich und auch in Italien) haben wir uns ja schon in Florenz für die einfachste Variante über den Brennerpass entschlossen..Im Nachhinein sind wir sehr froh, die meisten schweizer Pässe wären wohl nicht einmal offen gewesen, und das Ende Mai!!
Vom Gardasee biegen wir Richtung Arco ein, es geht immer einen Radelweg entlang, durch schöne Weinreben und blühenden Wiesen. Rechts und links ragen die gewaltigen Felswände hinauf. Es macht uns so Spaß mal wieder auf einem Radweg zu fahren! Mal kein Autolährm und keine Abgase..wunderbar! Das Wetter ist nicht berauschend, doch wir schaffen es meistens den dicken Regenwolken davon zu fahren oder uns rechtzeitig wo unter zustellen. Bis Bozen, doch ein gewaltiges Stück, wir sind froh in einer Jugendherberge unterzukommen und so abends durch die schön Südtiroler Stadt zu schlendern..die Menschen reden meistens schon deutsch und wir bestellen unser erstes Getränk in unserer Muttersprache!!! komisch irgendwie..

Von Bozen geht es immer langsam bergauf nach Brixen und weiter nach Sterzing! Anstrengend ist es, da wir einen morztmäßigen Gegendwind haben und ab und an ist die Strecke nicht gerade berauschend..der Radweg schlengelt sich von der linken Felswand zur rechten, mal über die Autobahn , mal unter die Zugstrecke, mal durch Tunnels..zwar schön kein Autoverkehr zu haben aber gerade schnell voran kommt man so auch nicht..naja letztendlich sind wir froh in Sterzing anzukommen, nochmal einen Abend zu zweit geniessen bevor es auf die letzte Etappe nach Innsbruck geht..

Früh morgens  radeln wir los, die Beine sind schlapp und der Gegenwind hat sich leider nicht beruhigt, eher hat er noch etwas zugenommen und es ist ziemlich kalt! Willkommen Österreich..es gibt noch ein Stück hinauf bis wir es auf den Brenner Pass geschafft haben, nun heißt es dick anziehen...wir dachten ja, dass wir nur hinabfegen bis Innsbruck Stadtmitte! Dem ist leider nicht so, der Nordföhn fegt nun mit so einer Wucht , dass wir leider nicht rollen! wir müssen ganz schön in die Pedale treten, obwohl wir uns doch so auf eine rauschende Abfahrt gefreut hatten...naja ein Stündchen mehr kostet uns die Plagerei, ganz zum Schluss gehts dann aber richtig steil runter , da kann auch der Wind nichts dran ändern und wir rollen endlich rein nach Innsbruck!!

Am Mitterweg erwartet uns ein kleines nettes Empfangskomitee, mit Plakat und Rasseln, die Freude ist groß...wir geniessen nun einige Tage im schönen Innsbruck, das Wetter ist bescheiden, Regen in der Stadt und Schnee auf den Bergen, wären wir einen Tag später gekommen, würden wir nun im Schnee auf dem Brenner fest stecken!
Die Räder werden allerdings nur kurz abgestellt, in ein paar Tagen geht es noch weiter und zwar zum wirklichen Endspurt unsere Tor: nach T.-Neustadt im Schwarzwald, Start und Endpunkt unserer Reise..."



Bilder von der Toskana und Tirol sind online und ein Abschlussbericht folgt in der nächsten Woche ( kaum zu Hause haben wir ja dies und das zu tun..:-))


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